Das Jackett
Ob Anzugjacke oder Anzug. Das Jackett ist einer der Grundpfeiler jeder Herrengarderobe. Sowohl drinnen als auch draußen ist das Jackett ein vielseitiges Kleidungsstück, es funktioniert als Teil des formellen Anzugs, aber auch als lässige Solonummer.
Auch wenn Ihre Arbeit eigentlich keinen Anzug erfordert, brauchen Sie mindestens einen für offizielle Einladungen oder wenn das Bewerbungsgespräch ansteht. Mit ein bisschen Überlegung bietet Ihnen ein geschickt gewählter Anzug außerdem sowohl Sakko also auch Hose, die sich anderweitig kombinieren lassen.
Der Stoff
Damit Sie den richtigen Anzug für sich finden, muss vor allen Dingen der Stoff stimmen. Ein flexibler Anzug ist am besten einfarbig, dunkelblau, grau oder schwarz. Eine gute Wollqualität können Sie das ganze Jahr über tragen.
Hängt der grundlegende Anzug in Ihrem Schrank, können Sie Sakkos mit mehr Charakter und Persönlichkeit daneben hängen. Ein diskretes Fischgrätmuster macht das gute Stück etwas lebhafter. Für den Geschäftsmann ist ein Flanell mit Nadelstreifen die korrekteste Wahl. Karierte Tweedstoffe sind dagegen die sportlichere, rustikale Variante.
Die Weste
Obwohl der Anzug dann ein paar Scheine mehr kostet, ist sie es wohl wert, die Weste. Die Kombinationsmöglichkeiten vervielfältigen sich, und Sie machen auch ohne das Jackett eine gutgekleidete Figur.
Eine gute Weste sollte wie angegossen sitzen, ohne dabei stramm zu wirken. Ein kleiner Gurt im Rücken reguliert die Taillenweite. Einige Zentimeter Weste dürfen zwischen den Revers hervorgucken, aber nicht mehr! Die Westenzipfel sollten den Hosenbund bedecken, auch wenn der unterste Knopf nicht geknöpft ist.
Passform des Jacketts
Drei wichtige Punkte sollten unbedingt in der Umkleidekabine überprüft werden: die Länge, die Bewegungsfreiheit und der Kragen. Wenn die Paßform stimmt, schließt der Kragen am Nacken ab. Die Kragenhöhe stimmt, wenn der Hemdkragen im Nacken ungefähr einen Zentimeter übersteht.
Ein Jackett in optimaler Länge sollte die halbe Körperlänge bedecken, also bis zur Mitte zwischen Kragen und Schuhsohlen reichen. Der Saum befindet sich dann auf derselben Höhe wie die Daumengelenke, wenn die Arme seitlich locker herunterhängen.
Neun von zehn Männern tragen übrigens Jacketts mit zu langen Ärmeln. Eleganter ist der Anzug, wenn die Manschetten ungefähr einen Zentimeter unter dem Ärmelsaum hervorgucken.
Das Jackett sollte natürlich und bequem sitzen. Was hilft einem der schönste Anzug, wenn man sich in ihm wie in einer Zwangsjacke fühlt. Ausreichend Stoff über der Brustpartie und zwischen den Schulterblättern garantiert den Armen Bewegungsfreiheit.
Auf- oder zugeknöpft?
Das klassische Jackett gibt es in zwei Grundausführungen:
- Klassisch einreihig kann es von einem bis zu zehn Knöpfe haben. Je weniger Knöpfe, desto mehr werden Hemd und Schlips sichtbar. Deshalb ist die einfache Knopfleiste mit nur ein bis zwei Knöpfen auch am lässigsten.
- Doppelreihige Jacketts werden oft höher geknöpft, der Gesamteindruck ist entsprechend strenger. Doppelreiher sollte man lieber nicht offen tragen, das sieht immer etwas schlampig aus.
Die Schulterpartie
Viele Details verändern sich ständig mit der Mode. Wenn Sie ein richtig klassisches Jackett brauchen, müssen vor allen Dingen die Schulterpartie und der Kragen stimmen.
Eine natürliche Schulterpartie verlängert die modischen Überlebenschancen Ihres Jacketts beträchtlich. Das haben etwa die dicken Yuppie-Schulterpolster der achziger Jahre deutlich gemacht.
Weniger ist oft mehr. Die Schulterbreite muß in einem guten Verhältnis zur Kopfgröße stehen. Zu breite Schultern verkleinern den Kopf, zu schmale Schultern lassen den Schädel peinlich groß erscheinen.
Kragen und Revers
Übertrieben breite oder schmale Revers verkürzen ebenfalls die modische Lebenserwartung eines Jacketts. Acht Zentimeter sind ein gutproportioniertes Maß.
Momentan sind nach unten gerichtete Revers comme il faut, spitze Revers sind dagegen klassisch und schmeicheln dem kleineren Mann. Schalkragen sieht man heutzutage äußerst selten. Wenn überhaupt, tritt er bei Smokingjacken auf.
Schlitz
Das Jackett hat einen, zwei oder keinen Schlitz. Seitenschlitze stammen aus der englischen Schneidertradition und passen am besten zu einem schmalen Schnitt. Sie sind nur bei einer sehr guten Paßform empfehlenswert. Sitzt das Jackett schlecht, betont „der Deckel“ ein zu groß geratenes Hinterteil unnötig.
Der einfache, mittige Schlitz stammt aus der lässigen amerikanischen Schneidertradition. Der Nachteil an diesem Schnitt ist, daß das Jackett viel von seinem schönen Fall verliert, wenn der Träger die Hände in die Hosentaschen steckt.
Jacketts ohne Schlitz sind typisch für die italienische Schnittführung der fünfziger Jahre. Das Jackett hat in diesem Fall einen etwas engeren Saum und verleiht seinem Träger eine schmale und elegante Silhouette. Ein Jackett ohne Schlitz gehört aufgeknöpft, wenn man sich hinsetzt.
Taschen
Es sind die Feinheiten, die über den sportlichen oder konservativen Charakter eines Jacketts entscheiden. Konservative Jacketts haben paspelierte Taschen (Bild), Taschenklappen machen dagegen einen lässig-modernen Eindruck. Taschen, die aufs Vorderteil aufgenäht werden, sind sehr modisch und passen deshalb absolut nicht zum weißen Taschentuch in der Brusttasche.
Qualität gegen Verschleiss
Die meisten Jacketts haben heute eine so gute Verarbeitung, daß sie wahrscheinlich aus der Mode kommen, bevor sie auch nur andeutungsweise verschlissen sind. Das soll Sie aber nicht daran hindern, in der Umkleidekabine ein paar Qualitätstests vorzunehmen.
Erstens sollte der Jackettstoff nicht zu sehr knittern – Leinen ausgenommen. Wenn man den Stoff mit der Hand ein bisschen zusammendrückt, bekommt man einen Eindruck von der Knitterfähigkeit. Ein guter Stoff wird nach dem prüfenden Händedruck wieder glatt.
Kontrollieren Sie auch die Verarbeitung der Taschen: Sitzen sie korrekt im Muster? Wenn bei den Taschen nachlässig gearbeitet wurde, ist das oft ein Zeichen für schlechte Qualität.
Auch die Anzahl der Innentaschen ist ein gutes Qualitätsmaß, mindestens eine für Brieftasche und Stift sollte vorhanden sein.
Perfekter Sitz
Eine gute Paßform weist auch auf gute Qualität hin. Natürlich kann ein Jackett nicht jedem Figurtyp passen. Achten Sie darauf, daß der Kragen gut im Nacken sitzt und daß die Revers an der Brust anliegen. Schultern und Ärmel sind auch wichtig. Ein gut verarbeiteter Ärmel fällt völlig faltenfrei im leichten Winkel nach vorn.
Die Schulterpartie sollte durch eine leichte Fütterung eine natürliche Form zeigen. Das macht ein lässiges Jackett aus, das man auch zu weniger offiziellen Anlässen tragen kann.
Geschichte
Savile Row war zweihundert Jahre lang Englands und Londons berühmt-berüchtigtes Schneiderzentrum und absolut tonangebend in der Herrenausstattung. In Amerika war eine etwas lässigere Schnittführung beliebter, die liebevoll „the sack“ – der Sack – genannt wurde. In den fünfziger Jahren modernisierten italienische Schneider den Anzug, mit kürzeren Jacketts, Hosen ohne Umschlag und einer körpernahen Paßform.
Trotz der wechselhaften Mode hat sich der Anzug in seinem eigenen Takt weiterentwickelt. Der klassische Anzug hat eben eine vollendete Form, die sich nicht im Handumdrehen ändern wird.
Die meisten Männer sehen in einem Jackett einfach besser aus. Ein geschickter Schnitt und wattierte Schultern kaschieren gnädig ein paar überflüssige Pfunde. Man sagt einem perfekten Anzug denselben Effekt nach wie einem perfekten Haarschnitt – statt Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, hebt er die Persönlichkeit des Trägers hervor.
Den untersten Knopf ...
… kann ein echter Gentleman offenlassen, und sei es nur, um lässiger zu wirken. Englands eher rundlichem König Edward V. wird nachgesagt, daß er diese kleine Bequemlichkeitsregel in vornehmen Kreisen zum Muß erklärte.